Salome Lüdi/Polara, ausgerüstet mit Airbag und Ohrengarn von Sportho
Salome Lüdi/Polara, ausgerüstet mit Airbag und Ohrengarn von Sportho
Herr Varaschin, Sie vertreiben in der Schweiz durch die Firma sportho_gmbh die Kollektion Kosima, die erste komplette Turnierreitkollektion mit eingebauter, unsichtbarer Rückenprotektion. Was macht sie aus?
Die Kollektion unter dem Namen sportho Kosima, besteht aus zwei Turnierblazern und einer sportlichen Reitjacke in Softshell-Material für Damen. Unser Ziel ist es, Sicherheit mit Fashion zu kombinieren und das erst noch Swissmade.
Die Sicherheit wird durch einen in den Blazer eingeknöpften Rückenschutz gewährleistet. Dieser schützt gegen Schläge. Der Schlag kann nicht mehr punktuell auf die Wirbelsäule wirken, sondern wird verteilt und abgeschwächt. Die Wirbelsäule ist besser geschützt.
Die Protektion ist heute fast gar nicht mehr wegzudenken. Wir glauben, dass es immer mehr Reiter und sportbegeisterte Menschen gibt, die es wichtig finden, sich selber zu schützen.
Ausserdem ist die Air Jacket Point Two aus England, die im Mutterland der Vielseitigkeit viele der Profis tragen, bei Ihnen erhältlich. Was haben Sie für Erfahrungswerte mit den Westen mit eingebautem Airbag?
Die Airbag-Westen haben in der Auslösung einen bemerkenswerten Schritt nach vorne gemacht. Vor 2-3 Jahren waren sie noch auf 0,5 Sekunden. Heute sind die Westen von Point-two mit 0,1 Sek. die schnellsten auf dem Markt. Seit September 2010 haben wir auch 3 Kindergrössen. Diese wurden getestet und es hat sich herausgestellt, dass die Airbag-Westen von Point-two 6-mal sicherer sind als die Sicherheitswesten, welche der BETA Level 3-Norm entsprechen.
Die Fotos vom Sturz von Ilona Lüdi an der EM Young Rider in Pardubice (HIER)
bzw. der Video vom Sturz von Karim Laghouag bei der EM in Fontainebleau 2009 (HIER) zeigen überzeugend, wann und wie die Airbag-Westen hilfreich sein können. Es gibt aber immer noch Reiter, die befürchten, man sei mit diesen Westen weniger beweglich, insbesondere nachdem sich der Airbag geöffnet hat. Was sagen Sie zu diesem Einwand? Kann man auch mit aufgeblasenem Airbag noch abrollen?
Ich habe das Glück noch nie die Weste gebraucht zu haben. Bei Trockenübungen muss ich sagen, dass die Weste mich schon recht stabilisiert hat. Gemäss Aussagen von Ilona und Salome Lüdi kann man aber recht gut abrollen.
Wichtig ist, dass die am Sattel befestigte Reissleine auf die richtige Länge eingestellt ist. So ist es eigentlich fast unmöglich, dass sich die Weste im falschen Moment öffnet.
Bei den ersten Airbag-Produkten waren die obersten Halswirbel zu wenig geschützt. Beim von Ihnen vertriebenen Air Jacket Point Two sind die Halswirbel nun aber bis zum Helmansatz geschützt. Gibt es Bemühungen, zusammen mit Crosshelm-Herstellern diese delikate Schnittstelle zu normieren, d.h. dass die Helme und die Schutzwesten perfekt zusammenpassen, um z.B. zu vermeiden, dass ein sich öffnender Airbag dem Helm einen Schlag versetzt?
Das ist ein interessanter Aspekt, den man sich heute überlegen muss. Die Koordination der Protektion zwischen Kopf und Körper nimmt sicher einen wichtigen Stellenwert ein. Ich habe diese Frage an Point-Two weitergeleitet.
Die gefürchtetsten Stürze im Pferdesport sind ja die, bei denen sich das Pferd überschlägt und auf den Reiter fällt. Reicht die Schutzwirkung eines Airbags aus, um auch in einem solchen Fall die Chancen markant zu erhöhen, dass der Reiter ohne schwere Verletzungen davonkommt?
Wie Sie oben erwähnen, ist im Video von Karim Laghouag gut zu sehen, wie das Pferd voll auf ihn herunterfällt. Im Interview sagt er, dass ihn das Pferd nur am Arm gestreift habe. Nach Besichtigung des Videos musste er zugeben, dass die Weste ihm sicherlich das Leben gerettet habe.
Patrizia Attinger mit Airbag auf Raumalpha am CNC* Bern
Dazu die Meinung einiger Schweizer Vielseitigkeitsreiter, die mit Airbag reiten:
Patrizia Attinger (PA); Ilona & Salome Lüdi (I.&S.L.), Jakob Röthlisberger (JR), Tamara Acklin (TA).
Warum reitest du mit Airbag:
PA: Weil ich es einen sinnvollen Schutz finde. Je mehr geschützt, desto besser, weil man m.E. die Gefahren des Geländes nicht unterschätzen sollte.
I.&S.L.: Wir reiten mit Airbag, weil es uns zusätzlich eine Sicherheit gibt im
Falle eines Sturzes.
TA: Ich war lange Zeit geteilter Meinung, seit ich aber einen sich geöffneten Airbag anhatte und mich wider Erwarten nicht eingeschränkt fühlte und v.a. die Fotos von Ilonas Sturz an der YR-EM sah, bin ich überzeugt, dass es mehr nützt als einschränkt. Und wenn es ein paar blaue Flecken und gebrochene Rippli weniger gibt, hat es sich schon gelohnt.
Warst du schon mal froh darum und konntest du dich dennoch genügend bewegen, als er sich öffnete, oder fühltest du dich eingeschränkt?
JR: Hatte schlimmen Sturz 2008 März in CC Bern: ohne Airbag wäre ich wahrscheinlich im Rollstuhl! Hatte unter der Weste aber wie alle noch den traditionellen Rückenschutz an, da der Airbag nur bei Sturz aktiviert wird. Es wäre daher wichtig, in die Airbagweste noch einen normalen Rückenschutz zu integrieren!
Ich musste einmal auf einem Cross sehr nach hinten liegen und löste so den Airbag aus, konnte aber problemlos weiterreiten.
IL: Ich war dieses Mal schon paar Mal froh (Dijon und Pardubice, siehe Fotos). Wenn man stürzt landet man weicher, Hals bis Rücken ist geschützt mit Luft (Wirbelsäule bis Atlas). Als ich aufgestanden bin, fühlte sich es am Anfang schon ein bisschen eng, aber nach einigen Sekunden geht die Luft wieder raus. Am nächsten Tag fühlt man sich wieder fit als wäre nichts passiert. Ausser ein bisschen Muskelkater am Hals und Lendenbereich vom Airbag-Luft-Druck.
Reitest du auch im Springen mit Rückenschutz? – Wenn ja, ist er integriert in den Springveston oder trägst du einen Cross-Rückenschutz über oder unter dem Veston?
JR: Zum Springen trage ich einen Rückenschutz unter dem Veston oder den Airbag über dem Veston.
PA: Ich trage im Springen einen Rückenschutz aus dem Motorsport, über dem Veston.
I.&S.L.: Wir reiten immer mit dem neuen Sportho-Springkittel (mit integriertem Rückenpanzer). Auch da gibt es uns eine Sicherheit mehr als ohne Rückenschutz, und das tolle daran ist, man sieht ihn nicht. Er ist schön getarnt und elegant im Springkittel eingebaut, der heutigen Mode angepasst.
Tamara Acklin mit Airbag auf Belle Mykena am CCI*** Boekelo